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Die Quantumnatur des Miteinander, oder: Wie können wir einander besser verstehen?

Der folgende Artikel stammt von Rudolf Engemann, DVH-Verbandstrainer und Leiter des Instituts für integrative Prozessbegleitung: 

www.integrative-prozessbegleitung.net

Die menschliche Kommunikation ist voller Rätsel. Nicht nur, dass wir gar nicht wissen, wie der Vorgang des Verstehens von Sprache auf neuronaler Ebene überhaupt funktioniert, wir erleben auch, dass Menschen, die eine gemeinsame Sprache sprechen, miteinander reden und dennoch kein Verstehen stattfindet. Menschen können ein Gespräch führen und doch merken wir im Nachhinein, dass jeder eine andere Erfahrung aus dem Gespräch gewonnen hat – und wieso können zwei Menschen die gleiche Erfahrung machen und dennoch ein völlig unterschiedliches Erleben des Geschehens haben?

So wie es ausschaut interpretiert jeder Mensch ein Gespräch und auch jedes Ereignis auf ganz individuelle Art und Weise. Das kann sehr verwirrend sein, insbesondere dann, wenn wir denken, dass Verstehen mit dem Gebrauch von Worten und dem einfachen Transfer von Begriffen zu tun hätte. Wir wünschen uns mehr Verstehen. Sei es in unseren Beziehungen, in unserem täglichen Miteinander oder auch in unseren Berufen, in denen wir in irgendeiner Art und Weise mit Menschen zu tun haben. Wir sprechen miteinander, wir führen Gespräche und wünschen uns natürlich, dass wir verstanden werden und dass der andere versteht.

Aber warum gelingt uns eine befriedigende Kommunikation häufig nicht, obwohl wir es uns wünschen? Warum reden wir so oft aneinander vorbei? Und welche Möglichkeiten haben wir, zu einem besseren Miteinander zu finden?

Dieser Artikel trägt ebenfalls den Titel: „Die Quantumnatur des Miteinander – oder wie können wir einander besser verstehen?“ und ist im gewissen Sinne eine Weiterführung und Ergänzung eines Artikels gleichen Namens, den ich vor einiger Zeit verfasst habe. Es ist ein weiterer Versuch, Aspekte der menschlichen Kommunikation aus dem Blickwinkel der Integrativen Prozessbegleitung zu beschreiben und vielleicht an der einen oder anderen Stelle ein wenig Erhellung in dieses komplexe Geschehen zu bringen. Aber auch zusammengenommen ist dies keine umfassende Beschreibung dieses Themas, sondern nur ein weiteres Mosaiksteinchen in einem wirklich großen und facettenreichen Bild des menschlichen Miteinanders.

Auch hier wieder scheint mir ein Einstieg über die Betrachtung der Veränderungen in der wissenschaftlichen Weltsicht sinnvoll, da, wie wir im Späteren sehen werden, die Kommunikation zu einem sehr großen Teil vom Paradigma abhängig ist, von dem, wie wir Menschen die Welt sehen.

Teil 1 – Wie alles begann

 Das Schönste, was wir erleben können, ist das Geheimnisvolle.

Das ist die Quelle aller wahren Kunst und Wissenschaft.

Albert Einstein

 Bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die Welt noch in Ordnung. Zumindest wenn man die bis zu dem Moment gültige Sicht der Wissenschaft betrachtet. Die Grundlage des Universums war Materie und auf experimenteller Ebene, in Versuchen, wie in der praktischen Anwendung, verhielt sich Materie entsprechend einer Reihe grundlegender physikalischer Gesetze. Mit dem Wissen um diese physikalischen Gesetze und Kenntnis gewisser Anfangsbedingungen waren die Wissenschaftler in der Lage, das Verhalten von Körpern im Raum exakt vorherzusagen und auch jeder einzelne Mensch konnte sich im täglichen Leben auf diese materielle Vorhersagbarkeit verlassen. Rasend schnell ergaben sich aus diesen Erkenntnissen viele technische Errungenschaften und diese wiederum führten zur Industrialisierung und schließlich zu all den Errungenschaften und Bequemlichkeiten der Neuzeit. Die Menschheit erwartete die Beantwortung der letztendlichen Fragen in unmittelbarer Zukunft. Sie träumte nicht nur davon, in dem Wissen um das Zusammenspiel des großen Räderwerkes, welches wir Leben nennen, Krankheiten zu besiegen, sondern sogar eines Tages selbst Leben aus unbelebter Materie herstellen zu können.

Für die Wissenschaftler des materiellen oder mechanistischen Zeitalters gab es kaum noch Rätsel. Und die, die es noch gab, standen unmittelbar vor der Lösung… So schien es zumindest, bis um 1920 herum die Wissenschaftler in den subatomaren Bereich drangen und die bis zu dem Moment gültige Sicht, dass das Atom die grundlegende, unteilbare und kleinste Einheit aller Materie ist, ein Ende fand. Plötzlich tat sich den Wissenschaftlern ein immenser Raum auf, der sich mit jeder Minute ihrer Betrachtung zu erweitern schien. Immer mehr kleine Teilchen wurden entdeckt. Anfangs waren es die Elektronen, die den Atomkern umkreisten, dann Protonen und Neutronen, die den Atomkern darstellen, bis sich dann mit der Spaltung des Atomkerns buchstäblich ganze Welten neuer kleiner und kleinster Teilchen auftaten, die dann allerlei merkwürdige Namen erhielten, wie Leptonen, Mesonen oder Photonen.

All diesen kleinen Teilchen aber war gemein, dass sie sich in gewissen Situationen nicht an die bis zu dem Moment gültigen physikalischen Gesetze hielten. Ja, es war sogar teilweise schwierig, in der Definition einiger dieser kleinsten Teilchen überhaupt noch von Materie zu sprechen. Das Wort Teilchen im allgemeinen Sprachgebrauch implizierte zwar weiterhin, dass es sich um substanzielle Elemente handelt, dennoch ähnelte ihr Verhalten in gewissen Situationen eher dem einer Welle, also eines Schwingungsphänomens bar jeder Substantialität. Damit nicht genug, schienen diese „Teilchen“ Merkmale beider Welten in sich zu tragen, waren mal Welle und dann wieder Teilchen und widersetzten sich so dem Versuch einer Definition ihrer Natur. In dem Versuch, die Zusammensetzung des Lichtes zu untersuchen, experimentierten die Wissenschaftler mit den kleinsten energetischen Einheiten von Licht, den sogenannten Quanten, und gingen auf Entdeckungsreise in die Doppelnatur des subatomaren Reiches, in dem der Beobachter auf einmal Teil des Beobachteten war. Es war, als blickten die Wissenschaftler in einen Spiegel und was sie sahen, waren sie selbst. Allerdings entsprach das, was sie sahen nicht mehr der gängigen Lehrmeinung und der Erwartungen der Wissenschaftler, die natürlich auch hier eine Bestätigung der bisher gefundenen Gesetzmäßigkeiten erwarteten. Stattdessen verwandelten sich Objekte vor den Augen der Wissenschaftler wie von Zauberhand und nahmen Zustände an, die sich sonst normalerweise ausschließen würden. Teilchen standen in einer völlig unbekannten Art von Verbindung und interagierten miteinander, ohne eine nachweißliche Energie auszusenden und sie taten dies auch noch mit einem mehrfachen der Lichtgeschwindigkeit. Der Blick in diesen so magisch anmutenden Bereich unserer Herkunft und Natur, war die Geburtsstunde der Quantenphysik.

Was hat dies mit uns zu tun?

Nun kann man sich natürlich fragen, was diese Entdeckungen und die späteren noch weitaus phantastischeren Erkenntnisse der Quantenphysik mit uns Menschen und mit dem Thema Kommunikation zu tun haben, wo wir Menschen doch ganz offensichtlich im Reiche der Materie mit eindeutig bestimmbaren physikalischen Gesetzen leben und eine gemeinsame Wahrnehmung einer Wirklichkeitsebene haben, die wir die Realität nennen. Warum können wir uns nicht einfach über die Realität, die doch für jeden gleichermaßen gültig sein sollte, austauschen?

Nun, diese aller Materie zugrunde liegende subatomare Ebene stellt die Grundlage des gesamten Universums dar. Alles, was es gibt, ist daraus aufgebaut. Alles was du siehst (und nicht siehst), jedes gegenständliche Objekt und jedes Lebewesen. Und somit sind natürlich auch wir davon betroffen. Und mit dieser Aussage meine ich nicht nur unsere Natur, was an sich schon ein völliges Umdenken erfordern würde,  sondern auch das wie wir Menschen die Dinge wahrnehmen. Denn schließlich baut die Weltsicht des Menschen zu einem großen Teil auf der für den Moment allgemeingültigen Weltsicht auf, und diese Sicht wird zum einen über den Bereich der Philosophie und der Religionen definiert, aber über die letzten paar Jahrhunderte in immer stärkeren Maße bis in die heutige Zeit hinein von der Wissenschaft. So war es René Descartes, der Anfang des 16. Jahrhunderts das sogenannte kartesianische Weltbild begründete, indem er Geist und Materie voneinander trennte. Da sich in der Untersuchung der Materie keine Seele oder so etwas wie ein Geist entdecken ließ, sollten die geistigen Elemente und die Fragen zur Spiritualität der Kirche vorbehalten sein, wohingegen die Fragen zur Natur der Dinge, der Funktion und dem Zusammenwirken der verschiedenen Teile den Wissenschaften überantwortet wurde.

Mitte des 16. Jahrhunderts legte dann der Mathematiker Isaac Newton die Grundlagen für die Betrachtung der Natur im Sinne einer Maschine. Das newtonsche oder mechanistische Zeitalter, welches eine strikte Trennung zwischen Körper und Geist beinhaltet, hatte begonnen und reicht bis in die heutige Zeit hinein. In dieser Sichtweise war die Natur vollends eines Schöpfers beraubt und funktionierte nach rein mechanistischen und kausalen Gesetzen, nach denen ein Zahnrad die Drehung eines anderen bewirkte. Ein kausal deterministisches Räderwerk hat keine Seele und die einzelnen Elemente im mechanistischen Weltbild standen somit außer in kausaler in keinerlei Wechselwirkung oder Bezug mehr zueinander.

Es gab also keine Beziehung zwischen räumlich voneinander getrennten Objekten, wenn sie nicht kausal, also nachvollziehbar und den mechanistischen Gesetzen entsprechend war, was auch gleichzeitig zur Sicht der starken Objektivität führte, dass es möglich ist, etwas ohne Einflussnahme objektiv zu untersuchen.

Veränderungen

Doch genau diese Sichtweise war es, die eine grundlegende Veränderung erfuhr. Und die Veränderung dieser Sichtweise läutete den Wechsel des mechanistischen Paradigmas, der dualistischen Sichtweise der Trennung zwischen Geist und Materie, in die heutige monistische Sichtweise ein, die Geist und Materie wieder verbindet und Bewusstsein als die elementare Kraft des Universums ansieht. Die Wissenschaftler entdeckten erstaunt, dass die Doppelnatur der Partikel und ihre jeweiligen momentan wahrnehmbaren Erscheinungsformen abhängig vom Betrachter waren. Je nach Herangehensweise der Wissenschaftler zeigte sich das Licht entweder als Welle oder als Teilchen (Welle-Teilchen-Dualismus) und selbst das Vorhaben, oder alleine der Entschluss zu einem bestimmten Experiment, führte zur der einen oder anderen Erscheinungsform. Es war, als wenn die einzelnen Partikel die Vorhaben der Wissenschaftler erahnen würden und sich dementsprechend darauf einstellten. Das Universum stellte sich überraschend als verbindend und integrativ dar, in dem alles auf wunderbare Weise miteinander verwoben ist, obwohl man keine Ahnung hatte, wie diese Verbindung zustande kommen konnte. Es gab plötzlich keinen objektiven Beobachter mehr und selbst die Trennung zwischen Subjekt und Objekt schien aufgehoben. Die Art, wie die einzelnen Elemente miteinander in Verbindung standen, war völlig unbekannt. Und da sich keine physikalischen Eigenschaften oder Erklärungsmodelle finden ließen, die dem bisherigen wissenschaftlichen Denken entsprachen und diese Verbindung erklären konnten, bezeichneten manche Wissenschaftler die verbindende Ebene zwischen den einzelnen Partikeln in Ermangelung eines anderen Begriffs als das Feld, um die Kräfte und Wechselwirkungen und die Beziehungsebene zwischen scheinbar getrennten Objekten zu benennen.

Verbindende Felder

Somit gab es nun auf wissenschaftlicher Ebene eine Bezeichnung für ein verbindendes Element, welches seit der Geburt des kartesianischen Weltbildes dem spirituellen Denken zugehörig war und dort vielleicht am ehesten mit dem Begriff Geist korrelierte. Und hier schließt sich nun der Kreis. Über lange Zeit von der Masse der Menschen nicht bemerkt, da von den Wissenschaftlern zurückgehalten, leben wir heute in einer Zeit der größten Umwälzungen. Auch die Psychologie, als ein Wissenschaftszweig, der ebenfalls weitestgehend von der mechanistischen Sichtweise geprägt war, erlebt derzeit eine Transformation. Zur Zeit Sigmund Freuds, auf den die gesamte abendländische Betrachtung der menschlichen Psyche fußt, standen die Dinge entsprechend der mechanistischen Denkweise in keinem Zusammenhang. Die persönliche Biografie des Menschen und das individuelle Unbewusste standen im Vordergrund und der Mensch war seinen Trieben weitestgehend hilflos ausgeliefert. Diese Bereiche wurden als das Unterbewusste bezeichnet, was auf eine Art die dunkle und drohende Natur des Menschen andeutet. Im mechanistischen Denken der darwinistisch geprägten Wissenschaft lebt der Mensch inmitten einer feindlichen Natur, in der er sich behaupten muss und in der nur der Stärkere überlebt. Zufällig aus einer Zusammenballung einiger Moleküle entstanden, bahnt sich der Mensch seinen Weg durch ein seelenloses und von gnadenloser Selektion beherrschtes Universums. In dieser Sicht ist das Bewusstsein des Menschen nur ein Nebenprodukt chemisch-materieller Prozesse im Gehirn.

Eine andere Sicht

Die (wieder-) entdeckte Komplexität in allen Wissenschaftsbereichen führte aber zu der Erkenntnis, dass die Erklärung der Entstehung und Entwicklung des Menschen und seines Bewusstseins durch zufällige Aneinanderreihung von Molekülen ungefähr so wahrscheinlich ist, wie das ein Sturm über einen Schrottplatz hinwegfegt und im Anschluss daran dort ein funktionsfähiger Jumbojet stehen würde.

Und das Bewusstsein des Menschen ist nicht im Gehirn des Menschen geschaffen, sondern überall in der Natur finden wir Bewusstsein, in jeder Zelle, in jedem kleinsten Bestandteil der Natur. Nicht nur als eingebildetes Geschehen eines denkenden Organs, sondern als Prinzip und Grundlage allen Seins. Bewusstsein ist nicht das Produkt unseres Gehirns, sondern unser Gehirn und alles was uns umgibt ist das Produkt des Bewusstseins. Maßgebliche Wissenschaftler sagen heute, dass die Natur der Dinge am ehesten noch mit einem Gedanken vergleichbar wäre. So sagt Amit Goswami, einer der führenden Quantenphysiker unserer Zeit: When you’re not looking, there are waves of possibilities. When you’re looking, then there are particles of experiences. – Our tendency is, that the world is already out there, independent of any experience. It is not. (…) Atoms are not things, they’re only tendencies. Instead of thinking of things, you have to think of possibilities. They’re all possibilities of consciousness."

„Wenn wir nicht hinschauen, sind es Wellen der Möglichkeiten. Wenn wir hinschauen, sind es Partikel der Erfahrung. – Wir neigen zu der Annahme, dass die Welt außerhalb von uns bereits existieren würde, unabhängig von jeder Wahrnehmung. Dies ist nicht so. Atome sind keine Dinge, es sind Möglichkeiten. Anstatt von Dingen zu sprechen, denke an Möglichkeiten. Es sind alles Möglichkeiten des Bewusstseins.“

Transpersonale Psychologie

Die Bewusstseinsforschung in dieser Richtung begann bereits mit dem Schweizer Psychiater C.G. Jung. Sein unbeirrtes Empfinden, dass Bewusstsein nicht auf das Individuum begrenzt, sondern transpersonal ist, dass es sich über die Grenzen eines Individuums und über die Grenzen von Zeit und Raum erstreckt und dass die Dinge, die einem Menschen widerfahren, eine Sinnhaftigkeit - eine wie er es nannte Synchronizität - aufweisen, führte auch im Bereich der Psychologie zu der Erkenntnis, das wir viel tiefer schauen müssen, als in die persönliche Biografie und das individuelle Unbewusste, wenn wir auch nur in die Nähe eines Verständnisses der menschlichen Psyche gelangen wollen. So kam es letztendlich auch zur Spaltung zwischen Freud und Jung. Für Freud konnte es keine Verbindung zwischen einzelnen Menschen geben, die nicht dem mechanistischen Denken entsprach und schon gar keine zwischen dem Menschen und dem, was ihn umgibt. Für C.G. Jung jedoch war diese Verbindung eine empfundene Tatsache. Und zwar nicht nur die Verbindung zwischen den einzelnen Menschen, sondern auch eine Verbindung aller Menschen zu allen Zeiten. Die Bezeichnung, die C.G. Jung für diese allen alten Kulturen bekannte, alles verbindende und nicht durch Zeit begrenzte Ebene fand, war das „Kollektive Unbewusste“, womit er eine Ebene von Informationen über die Geschichte und Kultur der Menschheit bezeichnete, die uns allen in den Tiefen unserer Psyche zugänglich ist. Diese Beschreibung ähnelt auch in weiten Teilen dem Begriff Feld aus dem Bereich der Physik.

Und obwohl C.G. Jungs Forschungen und Entdeckungen im Bereich der menschlichen Seele in der etablierten Psychologie nach wie vor eine marginalisierte Rolle spielt, hat er dennoch maßgeblich die modernen transpersonalen Therapieformen geprägt. Und das dieses Wissen nach wie vor eher in Randbereichen der Gesellschaft zu finden ist, hat Ähnlichkeit mit der in der Gesellschaft immer noch vorherrschenden mechanistischen Sichtweise der etablierten Wissenschaftswelt, die sich dementsprechend auch in den Köpfen der meisten Menschen befindet.

Dennoch überschlagen sich mittlerweile die Ereignisse und große Veränderungen geschehen. Die Entdeckungen der letzten Zeit in allen Wissenschaftszweigen, der Physik, der Biologie und der Psychologie zwingen zu einem Umdenken. Es bedarf einer vollständigen Überarbeitung unseres Verständnisses der physischen und psychischen Welt. Das Universum ist ein viel geheimnisvollerer Ort, als wir es uns jemals vorstellen konnten und auch das Potential des Menschen ist weitaus größer, als jemals angenommen. Die Veränderungen, die anstehen, haben für das Denken der Menschheit eine mindestens ebensolche Tragweite, wie damals, als vor nunmehr 500 Jahren Kopernikus verkündete, dass die Erde keine Scheibe ist.

Teil 2 – Die Kunst des Begleitens

Wir sehen die Dinge nicht, wie sie sind,
wir sehen die Dinge, wie wir sind.

Maßgebliche Veränderungen geschehen im Bereich der modernen Therapien. Immer mehr Formen der Begleitung von Menschen erkennen, dass der Mensch nur ein Teil eines gigantischen Gesamtorganismus ist. Diese Anerkennung verlangt eine völlig andere Herangehensweise in der Arbeit mit Menschen. So geht auch die Integrative Prozessbegleitung von einer Verbindung zwischen Menschen aus und auch von der Verbindung einzelner Menschen zum dem uns Umgebenden.

Eine der grundlegendsten Sichtweisen der transpersonalen Therapien ist, das der Mensch individuelle Wirklichkeiten generiert. Da unsere Sinne uns nur einen sehr kleinen Teil des uns Umgebenden wiedergeben, haben wir sowieso nur eine sehr begrenzte Wahrnehmung von dem, was wohl die eigentliche Wirklichkeit ist. Was auch immer wir wahrnehmen, es handelt sich in jedem Fall nur um einen sehr kleinen Teil der eigentlichen Wirklichkeit und dieser kleine Teil durchläuft wiederum - nachdem er unsere fünf Sinne passiert hat - eine Reihe von Filtersystemen, die individuell sehr verschieden sind und die bewerkstelligen, dass jeder Mensch sich buchstäblich seine eigene Welt schafft.

Wahrnehmungsfilter

Eine Fähigkeit des Menschen ist, Elemente aus seiner Wahrnehmung zu tilgen. Tilgen bedeutet bestimmte sensorische Informationen zu übersehen oder sie zu vermeiden. Für bestimmte Aspekte unseres Erlebens sind wir aufmerksam und offen und für andere nicht. Diese Fähigkeit sorgt auch dafür, dass wir nicht ständig mit mehr Informationen konfrontiert sind, als unser Bewusstsein verarbeiten kann.

Ein weiterer Filter ist die Fähigkeit des Menschen, Erlebnisinhalte zu verzerren, bzw. sie intern so zu interpretieren, dass sie einem vorgefassten Schema entsprechen. Verzerren verhindert, dass der Mensch mit einer neuen, dem bisherigen Weltbild widersprechenden Wahrnehmung konfrontiert wird.

Und es gibt den Filter Erlebnisse zu verallgemeinern. Hier ziehen wir allgemeine Schlüsse aus einem Erlebnis. Im günstigen Fall ist die Verallgemeinerung eine Methode, um sich in Lebenssituationen auf Ereignisse einzustellen. Im ungünstigsten Fall benutzen wir Verallgemeinerung, um aus einem einzigen Ereignis eine lebenslange Reaktion zu generieren.

Dies bringt uns jetzt zu der Erkenntnis, dass nicht ein Erlebnis zu einer Einstellung führt, sondern das die Verbindung unserer Sinneswahrnehmungen zu unseren Filtersystemen maßgeblich für unsere Weltsicht ist und wir so unsere Anschauungen bilden. Unsere Anschauungen bestimmen dann, wie wir die Welt sehen.

Anschauungen

Unsere Anschauungen sind unsere Überzeugungen. Es sind Lebensregeln, nach denen wir uns orientieren. Nach ihnen schätzen wir unsere Realität ein und sie dienen uns als Schablone für unsere Gedanken und Handlungen. Es sind unsere Überzeugungen und Glaubenssätze, nach denen - unserer Erfahrung und Meinung nach - die Welt zu funktionieren scheint. Obwohl Anschauungen unsere Überzeugungen sind und unsere Realität darstellen, sind sie dennoch keine Tatsachen, auch wenn wir dies häufig so empfinden, sondern entsprechen nur unserer speziellen Sicht dem Leben gegenüber. Solche Anschauungen hegen wir über andere Menschen und über uns selbst. Wir haben spezielle Anschauungen, was Beziehungen angeht und wie wir unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten im Leben einschätzen.

Wir verhalten uns häufig so, als wenn unsere Anschauungen über unsere Fähigkeiten und Möglichkeiten so unverrückbar wären, wie die Schwerkraft. Was sie aber natürlich nicht sind, denn wir selbst haben unsere Anschauungen entwickelt – wenn auch auf einer tiefen, grundlegenden Ebene und tendenziell zu frühen Zeiten unseres Lebens – und so können sie sich unter gewissen Umständen entweder ändern oder Bewusstheit entsteht, und führt zu einem Handeln, welches aus der jeweiligen Situation geboren wird. Dies bedeutet, es gibt es ein Handeln jenseits von festen Glaubensmustern und Anschauungen.

Dieses Handeln wird natürlich mit entsprechender Unsicherheit verbunden sein und bedarf, um auf diese Weise ausgeführt zu werden, einer ganz bestimmten Lebenshaltung. Es bedarf der Erkenntnis, dass jede Anschauung zwar innerhalb eines bestimmten Kontextes sinnvoll ist, aber in vielen anderen Situationen aber nur eingeschränkte Erfahrungsmöglichkeiten bietet. Da jede Situation im Leben immer neu zu bewerten wäre, beinhaltet ein auf Anschauungen basiertes Handeln, also ein Handeln auf Grund einer vergangenen Erfahrung, grundsätzlich eine Limitierung. Wir automatisieren Handlung und handeln anschauungsbezogen, da wir aus unseren Erfahrungen lernen. Dies ist eine Fähigkeit, die unser Überleben sichert. Gleichzeitig wäre innerhalb des Lebens eigentlich jede Situation anders zu bewerten, da jeder Moment ein neuer Moment und jede Situation grundsätzlich eine neue Situation ist. Diese Form des Handels, also kontextbezogenes Handeln, braucht aber Zeit und Bewusstheit. Auf Anschauungen basierende Handlungen stehen schnell zur Verfügung, sind schnell ausgeführt und erfolgen sozusagen reaktiv, da eine Anschauung mit einer Reihe von Handlungsmöglichkeiten (und Handlungs- einschränkungen) verknüpft ist.

Anschauungsbezogene Handlungen sind erprobt und haben sich in bestimmten Situationen bewährt. Sie haben in gewissem Sinne unser Überleben gesichert und werden aus diesem Grund als erstes Verhalten zur Verfügung stehen.

Eine Anschauung ist wie eine Schablone, die über die Welt gelegt wird, die gleichermaßen dafür sorgt, dass einer Situation schnell begegnet werden kann und die auf der anderen Seite uns von dem tatsächlichen Erleben der jeweiligen Situation trennt, da sie nur die Erfahrungen zulässt, die zu der Schablone passen.

Anschauungen wirken demnach wie sich selbst erfüllende Prophezeiungen.

Zusammenfassung:

  • Anschauungsbezogenes Handeln – war sinnvoll in einem vergangenen Moment, steht schnell zur Verfügung, ist reaktiv, erfolgt ohne bewusste Entscheidung und sorgt für Überleben

  • Kontextbezogenes Handeln – bezieht sich auf den jeweiligen Moment, bedarf einer bewussten Entscheidung, braucht Zeit und korreliert mit dem Begriff Qualität

Mein Glaube, mein Himmelreich

Wenn ich die Welt als einen sicheren und einladenden Ort empfinde, gehe ich offen auf Menschen und Situationen zu und erfahre tendenziell auch viele Begegnungen offen und vertrauensvoll. Wenn ich verschlossen bin, misstrauisch und ängstlich, werden viele Situationen diese Prägung tragen und mich in meiner Weltsicht bestätigen. Obwohl eine Anschauung immer mit einer einmal gemachten Erfahrung zu tun hat und sich von daher immer auf die Vergangenheit bezieht, birgt eine Anschauung das Potential in sich, weitere, zukünftige Situationen nach gleichem Muster zu erfahren. Es ist wie ein geschlossenes Regelwerk, welches sich nur schwerlich öffnet, um neuen Möglichkeiten einen Platz zu geben.

Mit unseren Anschauungen limitieren wir unsere Fähigkeiten. Wir glauben einfach, nur zu bestimmten Dingen fähig zu sein und das wir Anderes nicht oder nur sehr schwer erreichen können. Wir können es uns kaum vorstellen, dass unsere empfundenen Grenzen selbstgesteckte Grenzen sind und dass wir diese Grenzen auch erweitern können. Ja, wir kennen unsere Grenzen kaum, da wir nur selten aus eigenem Antrieb überhaupt an sie herangehen. Doch nur wenn wir an sie stoßen, können wir sie auch erweitern.

Eines der ersten Dinge, die wir im Verlauf unseres Lebens über die Welt lernen, ist, dass nicht jeder unsere Sichtweise teilt. Im Grunde ergibt sich hier eine Chance, die eigenen Grenzen zu erweitern, doch häufig erleben wir die Andersartigkeit des anderen nicht als Ergänzung, sondern als Bedrohung unserer eigenen Sicht.

Da wir die Tendenz haben, unsere Anschauungen zu generalisieren, zu meinen, dass jeder dieselbe oder zumindest eine sehr ähnliche Sichtweise haben müsste, reagieren wir auf eine andere Sicht mit Ablehnung und Verteidigung. Wir empfinden, dass Andersartigkeit unsere Sicht der Dinge bedrohen würde und versuchen, unsere Sichtweise zu bestätigen, indem wir den anderen ins Unrecht setzen. Die Möglichkeit zur Entwicklung und Erweiterung ist an dieser Stelle minimal und steigt in dem Maße, wie wir die Position des anderen an uns heranlassen und die Welt mit anderen Augen sehen.

Rapport – Die Kunst, eine Meile in den Schuhen einer anderen Person zu gehen

Das Mittel hierfür ist der Rapport, die Fähigkeit, den anderen in seiner Andersartigkeit zu respektieren. Rapport ermöglicht uns, die Welt aus den Augen des anderen zu sehen. Rapport ist wie ein in die Haut des Gegenüber schlüpfen, ohne dich selbst dabei zu verlieren. Für Beziehungen ist Rapport elementar wichtig und Merkmal jeder „guten“ Beziehung. Häufig bemerken wir gar nicht, was wir tun um in einem Rapport zu einer anderen Person zu sein, da wir alle natürlicherweise die Fähigkeit besitzen, uns auf Menschen einzustellen. Dies gelingt mit einigen Menschen leicht, mit anderen jedoch fällt es uns schwer. Da wir nicht wissen, was wir tun, wissen wir auch häufig nicht, was wir für eine funktionierende Beziehung tun können. Dabei müssen wir gar nicht soviel für Rapport zu einem anderen Menschen tun, sondern nur gewisse Verhaltensweisen unterlassen, die Rapport verhindern.

Das Verhindern von Rapport hat mit Selbstschutz und der empfundenen Bedrohung durch die Andersartigkeit des anderen zu tun, denn wir befürchten, unsere Meinung aufgeben zu müssen. Doch Rapport hat nichts mit Gleichförmigkeit zu tun, sondern mit Akzeptanz und Wertschätzung von Andersartigkeit und befriedigende Beziehungen entstehen nicht durch Übereinstimmung, sondern durch Rapport. Rapport entsteht aus der Fähigkeit, das Gegenüber wahrzunehmen und sich auf das Gegenüber einzuschwingen. 

Rapport entsteht.

  • durch aufrichtiges Interesse an dem anderen, durch
  • Neugier, wie der andere die Welt sieht und durch die
  • Bereitschaft, die Welt mit den Augen der anderen Person zu sehen.

Pacing

Um eine gute Beziehungen aufzubauen, müssen wir Rapport herstellen. Rapport heißt, sich in die Welt des anderen hineinzuversetzen. Dieses sich-in-eine-andere-Person-hineinversetzen geschieht durch ein Mitgehen. Für das Mitgehen bzw. für das sich im selben Schritt mit jemandem befinden und an die Geschwindigkeit des anderen anpassen gibt es das Englische Wort pacing, welches soviel wie Schritt bedeutet. Jemanden zu Pacen heißt also, sich auf jemanden einstellen, die Zeichen des anderen lesen und die Geschwindigkeit des anderen aufzunehmen.

Dies geht nicht ohne sich selbst wahrzunehmen, sich selbst wertzuschätzen und die eigenen Zeichen zu lesen. Pacing hat mit Wahrnehmen zu tun und zwar gleichermaßen sich selbst wie den anderen. Eine Beziehung hat mit Wertschätzung zu tun und zwar gleichermaßen mit eigener Wertschätzung wie der des anderen. Jemanden wahrzunehmen hat auch damit zu tun, den anderen für wahr zu nehmen, d.h. den anderen in seinem so-sein anzuerkennen – ihn nicht verändern zu wollen. Jemanden und sich selbst für wahr zu nehmen ist gleichsam die Basis für eine gute Beziehung.

Leading

Jemanden zu begleiten, sei es in einem Gespräch oder in einer Beratungssituation, heißt nicht, den anderen verändern zu wollen. Dennoch sind wir es, die in diesem Kontext als Begleiterinnen und Begleiter, ein Wissen mit in die Beziehung hineinbringen. Wir wissen etwas über Möglichkeiten und darüber, dass verschiedene Sichtweisen zu einem Thema möglich sind. Wir wissen etwas über Optionen. Wir wissen, dass es nicht nur eine Handlungsweise in einer Situation gibt, sondern mehrere und wir wissen, dass reaktive Verhaltensweisen tendenziell nicht die effektivsten im Sinne der Entwicklung und des Wachstums sind. Dieses Wissen fordert von uns bestimmte Handlungsweisen, die gewissermaßen wie Vorschläge dem anderen unterbreitet werden. So gesehen gibt es auch ein Führungselement in der Begleitung. Wichtig ist jedoch immer zu realisieren, dass ein Führen nur möglich ist, wenn wir dem anderen auch folgen können. Führen und Folgen gehören somit untrennbar zusammen und bilden gleichsam die zwei Seiten der einen Münze. Das englische Wort leading heißt jemanden zu führen.

Pacing und Leading gehören somit zusammen und haben eine Reihenfolge. Zuerst kommt Pacing und dann Leading. Lerne also zu folgen, um Führen zu können.

Pacing – ganz subtil

In funktionierenden Beziehungen ist Pacing ein natürlicher Vorgang. Pacing ist ein natürliches sich aufeinander einstellen. Die besten Beziehungen sind die, in denen es ein Einstimmen auf beiden Seiten gibt. Hier respektiert jeder den anderen und jeder hat Interesse an der Andersartigkeit des anderen. Es findet ein Austausch statt und ein gegenseitiges Geben und Nehmen. Natürlicherweise ist das Geben und Nehmen ein wechselseitiger Vorgang. So wie wir wechselseitig zuhören und sprechen. Ganzheitlich betrachtet gibt es diese Unterscheidung natürlich nicht, denn jeder der gibt, erhält auch gleichermaßen. Für uns ist diese Unterscheidung jedoch wichtig, da es Situationen gibt, in der das Pacen überwiegend aus einer Position heraus geschieht. Dies sind entweder gute, freundschaftliche Beziehungen, in der zu einer Zeit die eine Person ein Problem hat und die andere Person an der Problemsituation Anteil nimmt und dem anderen zugewandt ist, ohne für die andere Person das Problem lösen zu wollen. Oder es ist eine professionelle Situation, in der es eine Begleiterin oder einen Begleiter gibt, jemanden, der aktiv den Selbstfindungsprozess eines anderen Menschen unterstützt.

Schon unser Gebrauch von Kleidung, oder sich in der Gesellschaft auf bestimmte Weise zu verhalten, ein bestimmtes Vokabular zu benutzen und auf eine bestimmte Weise zu sprechen, ist auf sehr grundlegende Art ein Pacen. In den Gruppen und Gemeinschaften in denen wir uns aufhalten, beziehen wir uns aufeinander. Wir tragen ähnliche Kleidung und verwenden ein ähnliches Vokabular. Unser gesamtes äußeres Erscheinungsbild passen wir an, um dazuzugehören. Dies ist uns weitestgehend unbewusst und vermutlich nennen wir dies „unseren Geschmack“.

Es kann aber auch bewusst benutzt werden, da es in bestimmten Situationen angebracht sein kann eine bestimmte Kleidung zu wählen und ein bestimmtes Vokabular zu verwenden, um gewissermaßen einen ersten Kontakt herzustellen.

Doch nur ein sehr kleiner Teil der menschlichen Kommunikation hat tatsächlich mit Worten zu tun. Einen großen Anteil hat die Stimmlage, die Sprechgeschwindigkeit und das Volumen und der weitaus größte Teil bezieht sich auf die Körperhaltung, die Atmung und die Hautfärbung und findet auf der Ebene des Verhaltens statt. Also welche Haltung nimmt der Körper unseres Gegenübers ein? Ist der Kopf während des Sprechens zu einer Seite geneigt? Vielleicht gibt es Gesten, die du aufgreifen kannst, oder achte auf die sehr spezielle und individuelle Art des Menschen, mit dir in Blickkontakt zu sein. Ein weiteres Feld dem du deine Aufmerksamkeit schenken kannst, ist der Gebrauch bestimmter Schlüsselwörter, da hier deutlich wird, wie der Mensch seine Erlebnisse verarbeitet. 

Die Ebenen der Erfahrung

Eine weitere wichtige Ebene des Pacens beobachtet spezielle Schlüsselwörter oder Redewendungen, die darauf hindeuten, wie der begleitete Mensch seine Erfahrungen intern verarbeitet. Jeder Mensch verarbeitet Erfahrungen auf spezielle Weise. In diesen Bereich gehören Schlüsselbegriffe, die die grundlegende Form der Wahrnehmung des Gegenübers aufzeigen. Einige Menschen hören sich selbst innerlich zu und sprechen innerlich mit sich selbst. (und dann habe ich mir gedacht… ich habe mir gesagt…) Sie haben sozusagen einen internen, verbalen Kontakt zu sich selbst. Andere Menschen nehmen Erfahrungen als innere Bilder wahr. (Ich sehe, was du meinst… das will ich mir genau ansehen…) Sie visualisieren eine Thematik. Wieder andere nehmen wahr, wie sich etwas innerlich anfühlt und empfinden eine Thematik. (Ich möchte damit in Berührung kommen… ich spüre die Anspannung…)

 Diese verschiedenen Ebenen der internen Verarbeitung von Erleben, nennen wir in der IPB Arbeit Modalitätsebenen. Sie bezeichnen die bestimmte Form, wie jemand gewohnheitsmäßig mit der Außenwelt in Kontakt steht und Erfahrungsinhalte neurologisch verarbeitet. 

Modalitätsebenen

  • Gedanken und Worte (Auditiv)
  • Innere Bilder (Visuell)
  • Körperempfindungen - Gefühle / Emotionen (Kinästhetisch)

Für den Aufbau einer funktionierenden Beziehung ist es wichtig, nicht unbewusst eine andere Modalitätsebene zu verwenden, als unser Gegenüber. Häufig wissen wir dann gar nicht was schief läuft und sind ratlos, warum wir „aneinander vorbei“ reden.

Hier wird auch deutlich das Pacen viel weniger meint, etwas Bestimmtes zu tun, als vielmehr zu bemerken, wann auf grundlegender Ebene etwas nicht stimmt. In ganz vielen Fällen haben Probleme in der Verständigung zwischen Menschen nicht mit dem jeweiligen Thema zu tun, sondern mit dem wie über dieses Thema gesprochen wird. In diesem wie liegt dann die gesamte Ebene der nonverbalen Kommunikation, die vielen Menschen überhaupt nicht bewusst ist.

Rapport bedeutet nicht, eine Person nachzumachen. Wenn wir einfach gewisse Verhaltensweisen nachmachen würden, würde die Person es merken und sich mit Recht nicht ernst genommen fühlen. Wir würden so eher Rapport verlieren, als ihn aufzubauen. Pacen ist eine sehr subtile Technik, bei der du die Dinge die natürlicherweise geschehen wollen einfach geschehen lässt, wie das sich dein Atemmuster an das der begleiteten Person angleicht. 

Und im praktischen heißt dies: tue nichts was auf Grund deiner jetzigen Erkenntnis dem Einschwingen und dem Zusammengehen mit einer Person entgegenstehen könnte. Wenn jemand langsam spricht, dann rede nicht schnell… wenn jemand wenig Augenkontakt aufnimmt, dann fixiere den anderen nicht mit deinem Blick.

Das wichtigste ist, dass du die von dir begleitete Person akzeptierst. Wenn sich die Person von dir akzeptiert und in ihrem so-sein angenommen und wertgeschätzt fühlt, ist dies das Fundament einer fruchtbaren und für beide Seiten erfüllenden Beziehung.

Zustände

Ein weiterer Punkt in unserer Betrachtung ist die Frage nach unserem Zustand. Der Begriff Zustand meint unser Befinden zu einer bestimmten Zeit, oder unser gewohnheitsmäßiges Befinden. Wie fühlst du dich? Diese Frage lässt sich am ehesten beantworten, wenn du gewisse Parameter in deinem Inneren abfragst. Dazu gehört sicherlich zu einem Teil deine Gesundheit, dein Energieniveau, deine vorherrschende Emotion und ob du dich in Kontakt mit dem dich Umgebenden empfindest, oder nicht. Auch was du unter dem Begriff Spiritualität verstehst und ob du Sinnhaftigkeit in deinem Leben verspürst, spielt in deine Befindlichkeit hinein.

Wir haben häufig das Gefühl, als wenn unsere Emotionen von innen nach außen wirken würden. Anders ausgedrückt: Du fühlst dich glücklich und deshalb lächelst du. In diesem Beispiel bewirkt eine Emotion eine Veränderung unserer Physiologie. Es ist nicht nur das Lächeln, welches deinen emotionalen Zustand auf physiologischer Ebene widerspiegelt, sondern dein ganzer Körper nimmt daran teil, indem sich seine Haltung verändert. Du hältst deinen Kopf anders und auch deine Schultern. Auf muskulärer Ebene gibt es eine Vielzahl von Veränderungen, die insgesamt den Zustand spiegeln, den du innerlich wahrnimmst. Du kannst vielleicht gar nicht genau sagen, was es ist, aber du erkennst einen glücklichen Körper.

Spannend ist, dass auch der umgekehrte Weg möglich ist. Gewisse Veränderungen auf körperlicher Ebene wirken auf deinen emotionalen Zustand ein. Wenn du deinen Körper auf gewisse Weise hältst, unterstützt du damit einen bestimmten emotionalen Zustand. Deine Emotionen wirken auf deine Körperlichkeit ein und deine Körperlichkeit wirkt sich auf deine Stimmungen aus. Bei genauerer Betrachtung bemerkst du dieses feine Zusammenspiel und dies ermöglicht dir, dich aus dem Opferdasein deiner Stimmungsschwankungen zu befreien. 

Natürlich verändern sich deine Stimmungen über den Tag. Wenn wir dann jeweils unsere Stimmung als Barometer verwenden für das, wie wir uns fühlen, stellt sich unser Körper darauf ein und spiegelt unseren emotionalen Zustand. Materie ist gewissermaßen fester und langsamer als eine Emotion. Unser Körper stellt sich auf einen Zustand ein und hält diesen Zustand fest. Wann immer sich jetzt auf emotionaler Ebene eine Veränderung ergeben sollte, sei es durch das Lächeln eines anderen Menschen oder weil uns etwas Besonderes gelungen ist, braucht der Körper eine gewisse Zeit, um all die kleinen Veränderungen vorzunehmen, die physiologisch gesehen diesem emotionalen Zustand entsprechen. Je nach Flexibilität kann dies schneller oder langsamer gehen. Tendenziell befragen wir ab einem bestimmten Moment unsere Körperlichkeit, wie wir uns fühlen und erhalten gewisse Parameter zurückgespiegelt, an die sich unser Körper sozusagen gewöhnt hat. Dies nehmen wir als Grundlage für unser Fühlen und festigen damit weiter unsere Physiologie. Dies ist ein so genannter Teufelskreis oder wie wir auch sagen können, ein Loop, da wir uns wie ein Hamster in einem Rad bewegen. Denn der Zustand, in dem wir uns gewohnheitsmäßig befinden, ist nicht automatisch der angenehmste oder der ressourcenreichste, es ist einfach der Zustand, in dem wir uns schon lange befinden. In diesem Licht betrachtet bekommt dann die Aussage Buddhas eine besondere Bedeutung für uns: 

„Es gibt keinen Weg zum Glücklich-sein. Glücklich-sein ist der Weg“.

 

Eine Bewusstheit über diese Zusammenhänge – und ein wenig Übung – befähigt uns, einen anderen Umgang mit unseren emotionalen Zuständen zu gewinnen. Und dein veränderter Umgang mit dir selbst wirkt sich auf die Menschen aus, mit denen du zusammen bist. Eine der ganz besonderen Eigenschaften von Zuständen ist nämlich, dass sie sich übertragen. Dieses Übertragen geschieht auf subtile Art und ganz von selbst. Im Jargon der transpersonalen Arbeit gesprochen, wirkt es über das Feld.

Wenn… dann…

Bislang haben wir uns unsere Umgehensweise mit unserer emotionalen Innenwelt angeschaut. Eine andere Komponente davon ist unser Umgehensweise mit Äußerungen anderer. Wir alle kennen es, dass eine negative Äußerung eines anderen Menschen uns auf bestimmte Weise berührt oder wir uns gar durch sie verletzt fühlen. Es scheint, als wenn die Aussage der betreffenden Person bewirken würde, dass wir uns dann auf eine bestimmte Weise fühlen. Wir bilden sozusagen eine Kausalitätskette, anhand derer wir dann belegen können, dass weil jemand jetzt dies oder das zu uns gesagt hat, wir uns deswegen jetzt so und so fühlen.

Was wir an dieser Stelle erleben ist, dass eine Äußerung ein Auslöser für eine bestimmte Reaktion in uns sein kann. Was wir nicht erleben ist, dass eine Äußerung die Ursache für eine Reaktion in uns ist.  Dies ist ein erheblicher Unterschied.

Das was hier geschieht, ist, dass wir auf eine Äußerung reagieren und gewisse Handlungen vollzogen werden, die mit einer Anschauung verknüpft sind. Wie es zur Bildung einer Anschauung kommt, haben wir uns an anderer Stelle hinreichend angeschaut. Jetzt ist es die Frage, wie wir auf energetischer Ebene veranlagt sind. Nehmen wir diese Äußerung und stimmen ihrem Inhalt zu und entwickeln wir für unser „Versagen“ ein Schuldgefühl, wäre dies die erste Möglichkeit, auf eine negative Äußerung zu reagieren. Empfinden wir eine solche Äußerung als Angriff und gehen wir in die Verteidigung, in dem wir dem anderen das Recht absprechen eine solche Äußerung uns gegenüber zu tun, dann erleben wir die zweite Möglichkeit auf eine negative Äußerung zu reagieren.

Es gibt aber noch zwei weitere Möglichkeiten mit einer negativen Äußerung eines anderen Menschen umzugehen, die beide wieder mit Bewusstheit zu tun haben. Die eine ist wahrzunehmen, welche Gefühle in dir ausgelöst werden. Dieser Zustand - wahrzunehmen, was geschieht, während es geschieht - benutzt intern die Position eines Beobachters. Es ist entscheidend, mit welchem Teil du in dir identifiziert bist, mit dem Teil der reagiert, oder mit dem Teil der beobachtet. In den beiden ersten Fällen bist du jeweils deine Reaktion, in dieser weiteren Möglichkeit hast du eine Reaktion. Du selbst bist derjenige oder diejenige, die wahrnimmt, was geschieht.

Diese Position gibt dir natürlich einen viel größeren Handlungsspielraum. Du kannst wählen, wie dein nächster Schritt aussehen soll. Vielleicht entscheidest du dich dafür, dem anderen mitzuteilen, was diese Äußerung in dir auslöst, und dass du an Kooperation interessiert bist und du dir wünscht, dass auch noch anderes von dir wahrgenommen wird. Erzähle einfach von dem, was in dir geschieht. Es wird dir als Handlung im Vergleich zu einer Reaktion viel eher gelingen, dies ohne Verteidigung oder Gegenwehr zu tun.

Die andere Möglichkeit ist wahrzunehmen, was die Gefühle und Bedürfnisse des anderen gewissermaßen hinter seinen Äußerungen sind. Diese Möglichkeit braucht allerdings die Fähigkeit, sich selbst in gewissen Momenten nicht so wichtig zu nehmen, was ein so genannter Metaskill ist, eine bestimmte Form von innerer Haltung einem Geschehen gegenüber. Diese innere Haltung ermöglicht dir das Verständnis, dass hinter einer negativen Äußerung das Gefühl steht, nicht wahrgenommen worden zu sein, oder nicht gesehen worden zu sein. –

Wohlgemerkt: das Gefühl, nicht wahrgenommen worden zu sein. Es ist die Wahrnehmung der anderen Person und vermutlich ist dieser Vorgang (die negative Äußerung) eine Reaktion auf dieses Gefühl.

Wenn du dich selbst mehr und mehr kennst und um die Mechanismen deines eigenen Verstandes weißt, hast du umso mehr Verständnis für die Vorgänge auch in anderen Menschen. So kannst du dich vielleicht darauf beziehen und anerkennen, was der eigentliche Wunsch dieser Person war. In den beiden letztgenannten Möglichkeiten, mit negativen Äußerungen einer anderen Person umzugehen, benutzt du Bewusstheit und weder du noch die andere Person muss irgendwie anders sein. 

Schlussbetrachtung

Abschließend betrachtet ist es im Grunde eine ökologische Frage. Eine Anspannungen zu halten braucht mehr Energie, als entspannt zu sein. Sich zu verschließen braucht mehr Energie, als offen zu sein. Dies zeigt auf, dass ein positiver emotionaler Zustand weniger Energie benötigt und Ressourcen frei macht, die wir für andere Dinge im Leben benutzen können. Und dies deutet an, dass ein positiver emotionaler Zustand gewissermaßen ein sehr natürlicher Zustand - vielleicht sogar der natürliche Zustand ist - und dass dieser Zustand uns viel mehr Energie zur Verfügung stellt, um andere Dinge in unserem Leben zu bewirken. Und was ebenfalls bemerkenswert ist: Dieser Zustand ist ein selbststärkender Zustand, in dem die eine Komponente zur Stärkung der anderen Komponente beiträgt. Es gibt tatsächlich Dinge, die werden mehr, umso mehr man sie benutzt. 

Es liegt eine große Kraft darin, als Begleiter von Menschen diese Fähigkeit zur Verfügung zu haben. Du kannst deine emotionalen Zustände managen, und damit, auf sehr subtiler Ebene, auch die emotionalen Zustände deines Gegenübers. Es ist leicht, Menschen glücklich zu machen, indem du sie anlächelst. Wenn du dich dafür entscheidest, in einem positiven emotionalen Zustand zu sein, lädst du andere Menschen dazu ein, ebenfalls in einem positiven emotionalen Zustand zu sein.

Ein positiver emotionaler Zustand ist eine gute Basis für Entwicklung, eine gute Basis um zu lernen, eine gute Basis für Kontakt und eine gute Basis, um andere Menschen zu begleiten.